Wie unsere regelmässigen Leser sicher wissen, war Ändu im Sommer 2016 in Grönland für eine Forschungsexpedition und hat einen tollen Bericht darüber geschrieben. Seine Erlebnisse machten mich ehrlich gesagt ziemlich eifersüchtig und ich hätte nie zu träumen gewagt, dass ich zwei Jahre später dieselbe Chance erhalte. Normalerweise können Studenten nämlich keine solchen Expeditionen begleiten und Grönland ist wirklich etwas ganz Besonderes. Aber ich hatte zum Glück schon Erfahrung mit der geplanten Art von Feldarbeit und ich habe auch die nötige "Outdoor-Affinität“, die beim Forschen in der rauen Natur Grönlands von Nöten sein würde. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als ich tatsächlich gefragt wurde! Natürlich wollte ich!!! Ich konnte bald an nichts anderes mehr denken. Schon vom Wissenschaftlichen her ist die noch junge Natur dort bestimmt extrem spannend. Und als Sportfischer mit Leib und Seele reizte mich diese Expedition nur noch umso mehr. Denn die Arktischen Saiblinge, die Zielspezies unserer Expedition, sind unter Sportfischern berühmt-berüchtigt für ihre urwilde Art und ihre unendliche Power und viele Fischer träumen davon, einmal in ihrem Leben so einen Fisch fangen zu können. In der Folge wurde ich von schlaflosen Nächten geplagt, bis es eeeendlich los ging...
Die Expedition war von der gleichen Forschungsgruppe, bloss mit einem neuen Haupttema. Bei Ändu's Trip war es das Primärziel, die Seen und die darin vorkommenden residenten Arctic Char (Arktische Saiblinge) zu erforschen. Ihre Entdeckungen übertrafen die kühnsten Erwartungen und zeigten das enorme Potential dieser unberührten Systeme für Forscher. Deshalb gab es Grund genug für eine weitere Expedition, um das Verständnis für diese Systeme zu erweitern. Und zwar indem wir uns dieses Mal auf die Flüsse und Bäche konzentrierten und die Fjorde, mit denen diese Fliessgewässer verbunden sind. Im Vergleich zu den isolierten Seen im Landesinnern kommen nun nebst den residenten (dauerhaft dort lebenden) Saiblingen noch die anadromen (Wanderfische) dazu, die sich in den Fjorden gross und stark fressen und dann zum Laichen in die Flüsse zurück kehren, ähnlich wie man es kennt von See- oder Meerforellen. Es ist also ein sehr ähnliches System wie es bei uns in der Schweiz auch existiert: Wir haben Bachforellen, die permanent in den Bächen leben und Seeforellen, die wandern, und doch gehören alle beide genetisch gesehen zu selben Art. Ihr werdet euch nun fragen, warum nach Grönland reisen in so ein schwierig zu bereisendes Land, wenn man es doch gleich direkt in der Schweiz erforschen könnte? Es gibt zwei Gründe: Erstens ist dort noch alles echt und unverfälscht, ohne Spuren von menschlichem Einfluss! Dort gibt es keine künstlichen Wanderhindernisse, keine Kraftwerke oder Verbauungen, der Befischungsdruck geht gegen Null und – auch ganz wichtig – es gab nie irgendwelchen Besatz, der die Genetik völlig durcheinander bringt. All diese Dinge machen es in der Schweiz unglaublich schwierig, Forschungsergebnisse richtig zu interpretieren. Und zweitens sind die Systeme dort viel simpler. In der Schweiz gibt es so viele andere Fischarten, wodurch es extrem kompliziert wird, aquatische Systeme in ihren Grundlagen zu verstehen. In Grönland hingegen gibt es nur den Saibling und den Stichling im Süsswasser, sonst nichts.
Die obigen Bilder zeigen eindrücklich, wie faszinierend diese Systeme sind. Die residenten Fische leben die ganze Zeit im Bach und bleiben kleinwüchsig aufgrund der andauernden Kälte und Nahrungsknappheit. 30cm sind bereits kapital. Sie sind schon in sehr kleinen Grössen geschlechtsreif und ernähren sich primär von Insekten und Anflugnahrung. Völlig gegensätzlich dazu die Anadromen, die nach der Geburt zuerst im Bach leben und dann als Jungtier abwandern in die Fjorde. Dort fressen sie vom reichhaltigen Nahrungsangebot an Kleinfischen und Crevetten und wachsen in wenigen Monaten auf beachtliche Grössen heran. Sie werden locker 50cm gross und in manchen Flüssen steigen auch Tiere jenseits der 70cm auf.
Spannend ist auch die Bedeutung von Wanderhindernissen/Barrieren. In der unberührten Natur Grönlands sind damit primär Wasserfälle gemeint. Sie stellen eine Grenze für die anadromen Saiblinge dar, wie im Bild oben gezeigt. Stromaufwärts von einem Hinderniss gibt es nur noch residente Populationen ohne Wanderfische, seit tausenden von Jahren unverändert und unberührt. Falls ihr euch wundert, wie die Fische da hin kamen ohne Menschliche Hilfe / Besatz: Vor 10'000 Jahren, als nach der Eiszeit das Eis weg schmolz, konnten die Saiblinge auch hoch gelegene Gewässer auf natürliche Art und Weise besiedeln, die heute isoliert sind.
Fragen, die wir zu beantworten versuchen, sind zum Beispiel:
Schon das Packen war eine Herausforderung. An so viele Dinge musste gedacht werden, und gleichzeitig durfte es nicht zu schwer sein. Einmal dort angekommen, gibt es keine Möglichkeit mehr, sich auszurüsten oder Vergessenes zu besorgen. Alles musste in meinem Trecking-Rucksack Platz finden und trotzdem noch tragbar sein. Zelt, Isomatte, Schlafsack, Wasserfilter, Kocher, Funktionsbekleidung, Angelausrüstung… die Liste war lang! Man beginnt zu rechnen und sich auf ein absolutes Minimum zu beschränken; eine frische Unterhose alle 5 Tage, selbiges für die Socken, das musste reichen. Schliesslich war es geschafft, der Rucksack voll, die 20kg-Limite von Air Greenland war nicht überschritten, los gehts! Die wissenschaftliche Ausrüstung wurde zum Glück schon im Voraus per Schiff nach Grönland gebracht und ein Teil der privaten Ausrüstung auch. Das hätten wir unmöglich auch noch alles im Fluggepäck mitnehmen können.
Nach langem, zweiteiligem Flug via Kopenhagen in Südgrönland gelandet, war bereits der „Flughafen“ das erste Anzeichen dafür, dass wir in einer völlig anderen Kultur gelandet sind. Eine einzige Rollbahn, ein kleines Häuschen als Ankunftsterminal und der Flughafen wird von den gleichen Personen bedient, die gleichzeitig auch noch drei andere Jobs im Dorf haben. Wenn denn mal ein Flugzeug kommt… die wenigen Einwohner die dort leben, leben alle entweder vom Flugbetrieb selbst oder indirekt indem sie für den Weitertransport allfälliger Touristen sorgen (Bootstransporte, Helikopter, etc.). Alles wirkt total verschlafen und herunter gekommen.
Dank eines lokalen Kontaktmannes konnten wir uns vor Ort mit den Einheimischen wenigstens einigermassen verständigen. Ohne ihn wären wir aufgeschmissen gewesen. Die Einheimischen stammen nämlich grösstenteils von den Inuit ab und sprechen noch ihre eigene, alte Sprache, für uns pures Kauderwelsch. Nicht alle von ihnen sprechen auch Dänisch. Mithilfe unseres lokalen Kontaktmannes konnten wir verschiedene Unterkünfte, ein Boot und ein Auto organisieren. Hätten wir die ganze Expedition von einer professionellen Tourismus-Firma planen lassen, wäre der Trip unbezahlbar gewesen. Dadurch, dass wir aber alles erst vor Ort, spontan und mit Hilfe der Lokals organisierten, sparten wir enorm viel Geld. Dafür muss man sich halt darauf einstellen, dass vieles nicht auf Anhieb klappt.
Gelebt haben wir ganz unterschiedlich, mal da, mal dort. Je nach dem, in welcher Region wir gerade forschten. Zuerst lebten wir in einer einfachen Hütte, einige Kilometer abseits vom Dorf. Ohne fliessend Wasser oder Strom, geschweige denn funktionierende Toilette. Wasser holten wir vom nah gelegenen See, mein Wasserfilter zauberte daraus Trinkwasser, oder wir kochten es ab. Für die körperliche Frische ohne zu duschen sorgte die geruchsneutrale Bekleidung aus Merino-Wolle oder ein Bad im kalten See. Und als dies irgendwann auch nicht mehr half, stank man halt ein wenig... Solange es ja allen gleich geht, war es auch egal.
Anschliessend hatten wir tatsächlich für satte zwei Tage eine geradezu luxuriöse Unterkunft. Es war eine Weile her, seit wir zuletzt eine richtige Toilette gebraucht haben und die Dusche tat ehrlich gut! Aber dann wars auch schon wieder vorbei mit diesem Apartment, wir zügelten weiter in ein anderes Dorf. Gezügelt wurde übrigens immer per Boot, denn Strassen gibt es in Grönland keine über längere Strecken. Wir bezogen das Häuschen einer Anwohnerin und ihren Geländewagen hat sie uns gleich auch noch mit vermietet. Zu siebt einem kleinen Haus, entsprechend eng und rustikal war es auch dort. Aber lustig und gut für den Gruppenzusammenhalt. Und es war doch eine deutliche Verbesserung gegenüber der ersten Hütte, hatten wir doch eine Küche, Strom und fliessend Wasser. Das malerische, typisch Grönländische Dorf hat nur etwa 30 Einwohner.
Das Auto war toll, ein echter, grober Offroader, mehr Traktor als Auto dank riesigen Reifen und tiefer Übersetzung. Sowas braucht man dort auch, sonst kommt man keinen Meter vorwärts. Denn die Einwohner haben ihr komplettes Strassennetz selbst gebaut in der Freizeit, um wenigstens nicht völlig voneinander abgeschnitten zu sein. Entsprechend sind die Strassen wirklich kaum als solche zu bezeichnen, es sind reine Schotterpisten und jede Fahrt war ein Abenteuer für sich. Wenn ein Fluss im Weg war, fährt man eben quer durch, in Grönland völlig normal.
Die unbeschreiblich schöne, wilde Natur Grönlands war allgegenwärtig und begleitete uns bei der Arbeit auf Schritt und Tritt. Überraschend grün und gebirgig war es. Wohin man auch blickte, es war einfach spektakulär! Am besten gefielen mir die Fjords, in denen kleine bis riesig grosse Eisberge herum trieben, von tiefblau bis weiss. Abgebrochen von den Gletschern, die am Ende des Fjords ins Meer ragen und das Fjordwasser mit Süsswasser verdünnen, boten diese Eisberge ein einmaliges Bild. Zwischendurch zeigten sich aber auch immer wieder umwerfend prächtige Blumenmeere in allen Farben! Auch die Tierwelt war toll, wir hörten auf zu zählen, wie viele Seeadler wir sahen.
Die Landschaft im Landesinnern erinnert sehr an die Alpen in der Schweiz, die Natur Grönlands sieht ähnlich aus wie es bei uns auf einer Höhe von etwa 2000 m.ü.M. wäre: Karge Vegetation, rauhe Felsen und halbhohes Gebüsch.
Wir waren nicht zum Vergnügen in Grönland. Unsere tägliche Arbeit war streng und die Tage waren oft lang. Unsere Aufgabe bestand darin, Saiblinge in diversen Bächen, Flüssen und Seen Südgrönlands zu fangen und anschliessend zu prozessieren. Das bedeutet: Fotografieren, messen, wägen, DNA Probe und Isotopen Probe entnehmen, etc… Doch zuerst mussten die Fische wie gesagt gefangen werden. Meistens fischten wir mit Netzen (in den Seen) oder dem Elektrofischgerät (in den Bächen und kleinen Flüssen).
Doch nun kommen wir endlich zu dem Teil, worauf ihr alle gewartet habt: Fliegenfischen und grosse Fische! Denn manchmal ging es nicht anders, als mit der Fischerrute zu fischen. Dies betraf insbesondere grosse, tiefe Pools in Bächen/Flüssen, sowie trübe, grosse Flüsse, die zu gefährlich wären mit dem E-Fanggerät. Für mich waren diese Momente natürlich das absolute Highlight!tWir fischten ausschliesslich mit der Fliegenrute und erlebten Action pur! Diese wilden Arktischen Saiblinge haben ihren Ruf wahrlich verdient, wie die Lachse steigen auch sie in die Flüsse auf zum laichen, entsprechend sind sie pure Muskelpakete. Sie liessen uns als Angler ihre brachiale Kraft spüren und lieferten harte Kämpfe, bei denen wir nicht immer als Sieger hervor gingen. Nicht selten gingen die Fische bis ins Backing und manchmal mussten wir ihnen flussabwärts hinterher rennen, bis sie gebändigt waren. Und das, obwohl die Rutenklasse 7 das schwächste war, was wir benutzten! Dort musst du beim Tackle alles sehr grob wählen: Streamer mit dickdrahtigen grossen Haken, die nicht aufbiegen können und Vorfächer mit Vorfachspitzen von bis zu 0.30mm! Nur so kann man im Kampf die Oberhand behalten. Viele Fliegenfischer würden zehntausende Franken hingeben, um dies einmal erleben zu dürfen, für mich war es bald schon fast normale Arbeit. Ein Traumjob!
Auch in den Fjorden war die Sportfischerei die einzig sinnvolle Methode. Zuerst versuchten wir es zwar mit Netzen, aber das klappte nicht weil dauernd Eisberge hinein getrieben sind. Also wurde auch hier der Entscheid gefällt: Daten sammeln mit der Fischerrute! Innerlich habe ich einen Freudensprung gemacht. Auch hier wieder, Action pur! Und auch wieder: Die Spinnrute war gar nicht nötig, mit der Fliegenrute klappte es hervorragend. Im Fjord hatten die Arctic Char sogar noch viel mehr Power als die, die schon in die Flüsse aufgestiegen sind. Entsprechend waren die Drills sogar noch extremer. Und die Durchschnittsgrösse war auch noch krasser als in den Flüssen. Die meisten Char waren zwischen 55cm und 62cm gross, mein grösster war weit darüber jenseits der 75er Klasse. Ich lasse die Bilder sprechen...
Gegessen haben wir entsprechend viel Fisch. Ganz frisch gefangen. Ein kleines Bisschen Luxus :)
Manchmal gab es auch Dorsch statt Saibling, ebenfalls sehr lecker! Dorsche zu fangen war im nah gelegenen Fjord ein Kinderspiel. Quasi vor der Haustüre brauchten wir 3 Würfe, um 3 Dorsche fürs Abendessen zu holen.
Damit uns der Fisch aber nicht bald zum Hals heraus hing, mussten wir darauf achten, etwas Abwechslung in den Menuplan zu bringen. Die einzigen Lebensmittel, welche in Grönland aus lokaler Produktion erhältlich sind, sind Lammfleisch und Crevetten. Die Schafhaltung ist nämlich die häufigste Form von Landwirtschaft in Südgrönland und die Fjords weisen reiche Bestände an Crevetten auf. Deshalb haben diese Lebensmittel etwas Abwechslung zum Fisch gebracht. Frisches Gemüse oder Obst hingegen, sucht man vergebens. Der kleine Laden im Hafen hat zwar fast alles, aber nur tiefgekühlt oder in Konserven. Es war ein eindrückliches Erlebnis, als nach über zwei Wochen mal ein Schiff vorbei kam, das ein wenig Frischware brachte. Sofort eilten alle Dorfbewohner her und die paar Kisten Tomaten und Peperoni waren im Nu weg. Da wird einem wieder Bewusst, welch luxuriösen Lebensstil wir in der Schweiz haben.
Die bleibendsten Erinnerungen – trotz all den grossen Fängen – waren meine Ausflüge in die Wildnis. Da ich in der Gruppe auch als der „Outdoor-Guy“ bezeichnet werde, war es meine Aufgabe, weit entlegene Gewässer in der Wildnis zu erforschen. Flüsse und Seen fernab jeglicher Zivilisation auszukundschaften, ob sie Fische beinhalten. Falls ja, sollte ich einige Fische fangen und eine kleine DNA Probe entnehmen, sowie ein Foto von jedem Fisch machen. Für mich der Traumjob! Freiheit pur und jedes mal ein echtes Abenteuer! Während also die anderen meiner Forschungsgruppe das kleine Bisschen „Zivilisation“ und den Komfort eines Häuschens genossen, war ich über mehrere Tage draussen, komplett auf mich alleine gestellt. Da gibt es bald nichts mehr, keine Strassen, keine Wanderwege, keine Menschen. Was man dabei erlebt, ist schwer zu beschreiben.
Es ist ein Natur- und Outdoorerlebnis vom feinsten. Ich habe wohl noch nie zuvor in meinem Leben solch atemberaubende Landschaften gesehen. Habe Polarfüchse, Schneehühner und Seeadler gesehen. Habe mein Zelt vor Panoramen aufgestellt, die nicht schöner hätten sein können. Ein eindrückliches Gefühl, ganz allein da draussen zu sein und das alles hautnah zu erleben.
Es genügte, Portionenweise Reis oder Teigwaren mitzunehmen und Haferflocken fürs Frühstück. Knäckebrot war auch immer nützlich. Den Rest bot mir die Natur: Pilze gesammelt, Fisch gefangen und frisch auf dem Kocher zubereitet. Den Abend mit einem Schluck Whisky abzuschliessen, gekühlt mit 1 Mio Jahre altem Eis, war auch ziemlich cool.
Natürlich habe ich auch auf diesen Trips sehr schöne Fische gefangen! Manche kleine Bäche boten ordentliche Überraschungen.
Einmal fand ich einen komplett isolierten Bergsee, der erstaunlicherweise einen üppigen Bestand an grossen, residenten Char aufwies. Wunderschön gefärbte Fische, etwa 35-40cm gross, stiegen wie blöd nach allem, was ich ihnen an der Oberläche angeboten habe. Wie in Zeitlupe schlürften sie das dargebotene Insekt ein, dann sah man ihren Buckel und schliesslich verschwand ganz langsam die knallorange Schwanzflosse in der Oberfläche. Es war wie im Film! Das Trockenfliegenfischen hat so viel Spass gemacht, ich musste aufpassen dass ich die Zeit und meinen Auftrag nicht vergass...
Bei meiner letzten Wanderung fand ich tatsächlich noch einen Fluss wie aus dem Bilderbuch. Da würde sich mancher Fischer für viel Geld mit dem Helikopter hinfliegen lassen, wenn der Fluss bekannt würde, deshalb halte ich mich mit Namen der Orte und Regionen bewusst zurück, um solche Perlen zu bewahren. Es war ein glasklarer Fluss mit einem riesigen Endpool, in welchem sich grosse anadrome Char tummelten, die wie blöd auf den Streamer los gingen. Gleichzeitig fing ich mit der Trockenfliege aber auch genug kleine Fische, um gute Daten über die Residenten und die Jungfische zu erhalten. Ich habe allein an diesem Fluss an einem halben Tag über 30 Fische mit der Fliegenrute gefangen, eine DNA Probe von der Fettflosse entnommen und die Fische nach einem Foto behutsam releast. Danach musste ich mich wieder auf den langen Heimweg machen.
Hier noch ein Beispiel von ebendiesem Fluss für wissenschaftlich Interessierte; ein Direktvergleich zwischen Anadromem Char, Residentem Char (unterhalb der Barriere / in Koexistenz mit den Anadromen), Residenter Char (oberhalb Barriere) und Jungfisch:
Aber es war nicht immer nur ein Zuckerschlecken. Diese Trips waren eine Herausforderung, die mich teils meine Grenzen neu kennen lernen liessen. Die geplanten Strecken waren lang und viele Kilometer mussten auf unwegsamem Gelände zurück gelegt werden. Ich musste mich stets orientieren können und meine eigenen Pfade finden. Mal war eine Route gut gewählt, mal weniger und prompt wurde ich bestraft, indem es es anstrengend, sumpfig-nass oder gar gefährlich wurde. Umzudrehen und eine neue Route zu probieren war frustrierend und nagte an der Motivation. Ebenso frustrierend war es, wenn ich manchmal nur noch ein fischleeres Gewässer nach dem anderen abgecheckt habe. Man lernt seine eigene Psyche besser kennen auf so einem Trip. Aber schlussendlich habe ich es zum Glück immer geschafft, die von mir angepeilten Gewässer zu finden und zu erforschen und heil wieder zurück zur Gruppe zu kehren. Ich bin wirklich dankbar für diese Aufträge und möchte keinen Moment davon missen. Es waren mitunter einige der besten Erfahrungen meines Lebens.
Als es schliesslich zu Ende ging und wir zurück in der Schweiz waren, musste ich mich erst mal wieder daran gewöhnen, wie anders es hier ist. So viele Autos, so viele Menschen, so viel Hektik. Aber ich lernte auch zu schätzen, was wir hier für selbstverständlich erachten.
Alles in Allem war es eine unvergessliche Reise nach Grönland. Wunderschön, prägend, lehrreich. In traumhafter Natur und mit tollen Menschen.
Danke meiner Forschungsgruppe, danke meinem Supervisor und Gruppenleiter und danke allen Einheimischen, die diese Reise so überhaupt möglich machten. Danke, dass ich dabei sein durfte.
Liebe Grüsse
Nicola
Nebst dem Bericht und den Fotos habe ich auch viel gefilmt. Da so viel cooles Film-Material zusammen gekommen ist, habe ich schliesslich einen Zweiteiler draus geschnitten. Viel Spass beim Anschauen! Und abonniert uns doch gleich auf Youtube, falls ihr das noch nicht habt :-)
Teil 1...
...und Teil 2
Falls ihr euch, wie ich, einfach nicht satt sehen könnt: